Es lief die 47. Minute im Handball-Zweitligaspiel der Frauen zwischen Union Halle-Neustadt und dem BSV Zwickau, als sich Bemerkenswertes zutrug. Halle führte mit 24:17, als Rückraum-Spielerin Jacqueline Hummel für zwei Minuten auf die Strafbank musste. Da sah Zwickaus Trainer Norman Rentsch seine letzte Chance gekommen, der Partie noch eine Wende zu geben
Gäste spielen ohne Torhüterin
Rentsch nahm seine Torhüterin Maria Neagoe vom Feld und brachte eine siebte Feldspielerin. 13 Minuten vor dem Ende ein überaus ungewöhnlicher Vorgang. Doch sehr zur Freude der 600 Zuschauer in der Unihalle beging der künftige Cheftrainer des Erstligisten HC Leipzig damit einen spielentscheidenden Fehler. Binnen fünf Minuten bauten die für ihre Schnelligkeit und Wendigkeit bekannten Fabienne Kracht und Stefanie Hummel den Vorsprung auf zehn Tore aus. Am Ende hieß es sogar 34:22 für die Wildcats. Und Rentsch schlich wie ein begossener Pudel aus der Halle. „Wir haben es von Beginn an nicht geschafft, die Dinge umzusetzen, die wir uns vorgenommen hatten. Vor allem in der Abwehr haben wir große Schwächen offenbart und uns damit unserer eigentlichen Stärke, dem schnellen Konterspiel, beraubt“, sagte Rentsch. Des einen Leid, des anderen Freud. Denn Wildcats-Interimstrainerin Bianka Eckardt nahm mit Wohlwollen zur Kenntnis, dass sich ihre Arbeit unter der Woche ausgezahlt hatte. „Der Schlüssel zum Erfolg war die Abwehr. Dort haben wir sehr viele Bälle erkämpft und sind dann in den Tempogegenstoß gekommen“, resümierte sie. Eckardt hatte nach den letzten beiden Niederlagen vor allem das Abwehrverhalten ihrer Mannschaft moniert. Insgesamt 68 Gegentore waren ihr entschieden zu viel. Einigen Spielerinnen habe sie im Training schon angesehen, dass ihnen das permanente Üben der Verteidigungsarbeit auf die Nerven gegangen ist. „Aber ich kann bei solchen Defiziten nicht immer die Gute spielen, zumal unser Vorsprung vor den Abstiegsplätzen plötzlich nur noch drei Punkte betrug“, sagte Eckardt.
Das sehr spezielle Training hatte aber noch einen positiven Nebeneffekt: Ihre Spielerinnen waren dadurch wieder richtig heiß auf das Angriffsspiel und aufs Torewerfen geworden. Vor allem die Zwillinge Jacqueline (10) und Stefanie Hummel (7), auf deren Konten gleich die Hälfte aller Wildcats-Treffer ging, tobten sich aus. Bis zum 4:4 (7.) konnte der Tabellendritte, der nach den Füchsen Berlin (33:29) und dem BVB Dortmund (30:23) die dritte Spitzenmannschaft war, die die Unihalle mit einer deftigen Pleite verlassen musste, mithalten. Danach übernahmen die Wildcats das Kommando und bauten ihre Führung über die Stationen 7:4 (11.) und 15:9 (23.) zum bereits vorentscheidenden Halbzeitstand von 19:11 aus. Die Basis dafür legten die Wildcats eben in der Abwehr, „in der Eileen Uhlig glänzend Regie führte und hinter der mit Patrycja Mikszto eine überragende Torhüterin stand“, wie Unions Pressechef Marcel Gohlke erkannt hatte.
Michel bleibt, Kracht geht
Am Ende war sogar Trainerin Eckardt von ihrer Truppe überrascht: „Die Mannschaft hat ja schon gegen Berlin und Dortmund gezeigt, dass sie den Spitzenteams durchaus Paroli bieten kann. Aber dass wir Zwickau mit zwölf Toren aus der Halle jagen, daran hätte selbst ich nie gedacht“, so Eckardt. Am Rande der Partie verkündeten die Wildcats übrigens einige Personalentscheidungen. Fabienne Kracht geht künftig für Zwickau auf Torejagd, Anne Michel verlängerte ihren Vertrag um ein Jahr.
Quelle:Mitteldeutsche Zeitung