Ein letztes Mal war Eileen Uhlig mit sich und dem Ball allein. Während die 1 076 Zuschauer in der Erdgas Sportarena tobten, stand die Ikone des künftigen Handball-Erstligisten Union Halle-Neustadt mit gesenktem Kopf an der Siebenmeterlinie, sammelte Konzentration für den finalen Wurf ihrer Karriere. „Mein einziger Gedanke war, dass ich unbedingt dieses Tor machen will“, erzählte sie später. Es gelang: Als der Pfiff des Schiedsrichters ertönte, blickte Uhlig kurz hoch, dann jagte sie den Ball zum 29:29 ins Tor. Drei Sekunden später folgte die Schlusssirene, dann regnete Konfetti auf die Wildcats nieder. Das hollywoodreife Happyend war perfekt. „Es ist gerade alles wie im Traum für mich“, sagte Uhlig aufgelöst nach dem Spiel. „Jeder Leistungssportler wünscht sich so einen Abschluss.“
Denn der finale Siebenmeter war ja nur der Höhepunkt eines bemerkenswerten Auftritts der 29-Jährigen. In ihrem letzten Spiel wurde Uhlig noch einmal zur entscheidenden Figur, rettete den Wildcats gegen die Kurpfalz Bären aus Ketsch die Vizemeisterschaft in der zweiten Liga. Ein Sieg oder Remis war nötig für Platz zwei, bei einer Niederlage wäre der Dritte Ketsch vorbeigezogen. „Wir wollten unbedingt den zweiten Platz. Damit es nicht heißt, wir sind nur aufgestiegen, weil die anderen nicht wollten“, sagte Uhlig. Den Wildcats hätte durch den Verzicht der anderen Teams zwar auch Rang drei zum Gang in Liga eins genügt. Der zweite Platz bedeutet nun aber auch den sportlichen Aufstieg. Lange sah es aber nicht nach dem Vizetitel für die Hallenserinnen aus. Die Mannschaft schien beeinflusst durch die Kulisse und die eigenen Emotionen. Für fünf Spielerinnen war es der letzte Auftritt im Union-Trikot, auch Trainer Jörgen Gluver verabschiedete sich. Eileen Uhlig weinte daher bereits vor dem Anpfiff. Dann saß die Ikone aber zunächst nur auf der Bank. Nach ihrem zweiten Kreuzbandriss war die routinierte Spielerin nur noch Reserve. Weil es aber bei ihren Mitspielerinnen nicht lief, Top-Torschützin Helena Mikkelsen mit zwei frühen Zeitstrafen auf die Bank kam, musste Uhlig ihr Team ein letzes Mal tragen.
Sie tat es bravourös. Mit acht Toren war die Rückraumschützin beste Werferin der Wildcats. Sie brachte das Team nach einem zwischenzeitlichen Fünf-Tore-Rückstand heran und behielt dann auch ganz am Ende die Nerven. „Ich hatte das Gefühl, ich bin wieder die Alte, so wie vor meinen zweiten Kreuzbandriss“, erzählte Uhlig nach den ersten Freudentänzen und Sektduschen. Später stand Uhlig bei der Aufstiegsparty vor der Halle noch einmal im Mittelpunkt. Mit einem Zusammenschnitt von Szenen ihrer Karriere wurde sie verabschiedet. Ein letztes Mal an diesem Abend flossen Tränen.
In der ersten Liga wird Uhlig die Wildcats nur noch von der Tribüne aus anfeuern. „Sie sollen mit Leidenschaft spielen, alles geben“, gab sie der Mannschaft zum Abschied mit auf den Weg. Ganz so also, wie sie es bei ihrem hollywoodreifen letzten Auftritt selbst noch einmal getan hat .
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