Selbst für Bodo Meerheim kam die Meldung der Frauen-Handball-Bundesliga (HBF) am Donnerstagabend überraschend. Nur ein Zweitliga-Team, so die Nachricht, hat für die kommende Saison eine Lizenz für die erste Liga beantragt: nämlich der SV Union Halle-Neustadt. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt Unions Vereinspräsident. Bei Rosengarten, dem souveränen Tabellenführer, „hatten wir eine Vorahnung, aber der Rest kam überraschend“.
Für die Wildcats ist dies erst einmal eine gute Situation. Im Normalfall steigen nämlich nur der Erste und Zweite auf. Doch wenn die nicht wollen, berechtigt Platz drei auf jeden Fall noch zum Aufstieg. Vor der Partie am Sonntag gegen Werder Bremen liegt Union auf Rang vier der Tabelle.So erfreulich die verbesserte Ausgangslage für die Hallenserinnen ist – für den Frauenhandball kommt die Situation jedoch einem sportlichen Armutszeugnis gleich. Zumal es nicht das erste Mal ist, dass Top-Zweitligisten den Weg in die Bundesliga für sich ausschließen.
Als Grund dafür sieht Bodo Meerheim vor allem wirtschaftliche Aspekte, die viele Vereine vor enorme Herausforderungen stellen. „In der Bundesliga sind die Nebenkosten, zum Beispiel für die Schiedsrichter, um einiges höher.“ Und die fehlenden finanziellen Mittel sieht der Union-Chef als ein grundsätzliches Problem im Frauensport. „Es fehlt an öffentlicher Präsenz. Und Sponsoren gehen dorthin, wo das meiste Publikum ist.“ An dieser Wahrnehmungslücke konnte auch die Frauen-Heim-WM im Dezember nichts ändern. Doch nicht nur wirtschaftliche Gründe sind für Bodo Meerheim ausschlaggebend. Auch strukturell gibt es Probleme. So werden viele Partien der Bundesliga unter der Woche ausgetragen. Dieser Umstand schrecke berufstätige Spielerinnen meist ab.
Trotz allem: Nach jetzigem Stand will der SV Union Halle-Neustadt sein Aufstiegsrecht wahrnehmen. In Stein gemeißelt ist die Entscheidung aber noch nicht. „Es müssen auch die finanziellen Rahmenbedingungen passen“, stellt der Vereinspräsident klar. Zumal man die Mannschaft im Falle eines Aufstiegs auch verstärken müsse, um in der Bundesliga mithalten zu können. Erst recht, da am Freitag Top-Werferin Helena Mikkelsen ihren Wechsel zum Erstliga-Team VfL Oldenburg bekannt gegeben hat. „Ich hatte drei tolle Jahre in Halle und konnte viel Erfahrung in der zweiten Bundesliga sammeln“, sagte die Dänin. „Es war an der Zeit den nächsten Schritt zu machen.“
Damit auch der Verein diesen Schritt machen kann, dafür wollen die SV-Verantwortlichen in nächster Zeit mit Sponsoren über eine mögliche Erweiterung ihres Engagements sprechen. „Zunächst einmal muss der Bär aber erlegt werden“, sagt Bodo Meerheim. Das bedeutet zum einen, dass die Liga den Lizenzantrag der Hallenser durchwinken muss. Eine Entscheidung darüber fällt spätestens Mitte Mai. Clubchef Meerheim sieht seinen Verein dabei aber auf der sicheren Seite.
Zum anderen müssen die Wildcats nach zuletzt fünf sieglosen Partien sportlich wieder in die Erfolgsspur finden und am Saisonende mindestens einen Rang besser platziert sein als zurzeit. Und das wird schwer genug, da die zweite Liga als sehr ausgeglichen und schwer einzuschätzen gilt. „Jeder kann jeden schlagen, und wir müssen wirklich von Spiel zu Spiel schauen“, meint Bodo Meerheim, der trotz der nun verbesserten Ausgangslage keinen Druck auf die Mannschaft ausüben will. Der Aufstieg in diesem Jahr sei kein Muss. Am Sonntag empfangen die Wildcats um 16 Uhr die Damen des SV Werder Bremen in der Erdgas Sportarena.
In den nächsten Tagen wollen die Wildcats einen neuen Trainer präsentieren. Wer das sein wird, ist nach Aussage von Vereinspräsident Bodo Meerheim noch nicht final entschieden worden. Am Wochenende könnte die Nachfolge von Jörgen Gluver dann aber geklärt sein. Der Däne steht Union aufgrund einer schweren Erkrankung seit Oktober vergangenen Jahres nicht mehr zur Verfügung. Zum Jahresende gab der Verein bekannt, dass Gluver auch nicht mehr an die Seitenlinie zurückkehren und sein bis Sommer laufender Vertrag nicht verlängert wird.
Quelle: https://www.mz-web.de/