Tor um Tor war der Vorsprung zusammengeschmolzen. Mit sieben Treffern hatten die Halle Wildcats zwischenzeitlich gegen Herrenberg vorn gelegen, sechs Minuten vor Schluss war davon nur noch ein einziger übriggeblieben. Da wurde es höchste Zeit für eine Intervention von außen. Also nahm Trainer Jörgen Gluver eine Auszeit und gab seinen Spielerinnen in dieser kritischen Situation eine einfache Maßgabe mit: „Wir spielen jetzt über Helena, und sie haut den Ball rein.“
Die so simpel klingende Maßgabe ging perfekt auf: Helena Mikkelsen schnappte sich wie gefordert den Ball und hämmerte ihn zum vorentscheidenden 25:23 in die Maschen. Martyna Rupp legte in den Schlusssekunden noch einen weiteren Treffer nach und stellte so den 26:23-Endstand der Handball-Zweitligapartie her. „Das Tor von Helena war ein echter Befreiungsschlag, davor hatten wir ja fünf, sechs Minuten überhaupt nicht mehr getroffen“, bewertete Außen Elisa Möschter nach dem Spiel Mikkelsens Treffer. Genau genommen waren es sogar zehn Minuten, in denen die Wildcats eine Fahrkarte nach der anderen warfen. „In der zweiten Halbzeit waren wir zu hektisch, haben zu viele Bälle weggeworfen und nicht als Team gespielt“, benannte „Befreiungsschützin“ Mikkelsen die Gründe für die ausgedehnte Schwächephase.
Dabei hatte gegen den Tabellendritten Herrenberg in den ersten 35 Minuten nahezu alles funktioniert. So stand die Abwehr, das Sorgenkind der vergangenen Spiele, deutlich besser. „Wir haben in dieser Woche den Fokus im Training auf die Abwehr gelegt und das hat man gesehen“, freute sich Möschter über die defensive Steigerung. In der Offensive taten sich Mikkelsen mit sechs und Mathilde Sörensen mit fünf Toren hervor. Angeführt vom treffsicheren dänischen Duo konnten sich die Wildcats einen 21:14-Vorsprung herausspielen. „In der ersten Halbzeit haben wir unseren besten Handball gespielt“, meinte Mikkelsen.
Aber: Wie so oft in dieser Saison gelang es den Wildcats nicht, ihr hohes Niveau über ein ganzes Spiel zu konservieren. Stattdessen häuften sich in der zweiten Halbzeit die Fehler. Herrenberg kam dadurch zurück ins Spiel und war beim Stand von 24:23 sogar drauf und dran, die Begegnung komplett zu drehen. Für Trainer Gluver war der Leistungseinbruch aber nur zu verständlich: „Wegen den vielen verletzten Spielerinnen fehlen mir Wechseloptionen. Helena und Mathilde bräuchten zum Beispiel Pausen, aber ich kann sie einfach nicht auswechseln.“ So sind Leistungsschwankungen im Verlauf eines Spiels kaum zu vermeiden. Gerade jetzt, wo es auf die letzten Meter der Saison geht. Das bestätigten auch die Spielerinnen: „Die letzten Partien sind immer schwierig. Wir sind alle müde und haben kleine Verletzungen“, sagte etwa Mikkelsen, die wie zum Beweis nach dem Spiel ihren Ellbogen mit Eis kühlen musste. Gegen Herrenberg fanden die Wildcats aber gerade noch rechtzeitig zu ihrem Leistungsniveau zurück und konnten den Sieg mit einem Schlussspurt perfekt machen. Auch weil Mikkelsen dann doch einmal zwei Minuten durchschnaufen durfte: „Ich wurde so müde, da war es gut, dass ich eine kurze Pause machen konnte.“ Es folgte die Auszeit. Es folgte die Maßgabe. Es folgte der Sieg. (mz)
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung vom 02.05.2016 – Fabian Wölfling