Vier Sekunden waren noch zu spielen, als Werder Bremens Linkshänderin Marilena Niemann mit Volldampf auf die Abwehr des SV Union Halle-Neustadt zulief und die „Wildcats“ gehörig unter Druck setzte. Die Zweitliga-Handballerin stieg hoch und passte in den freien Raum auf Merle Heidergott, die ihrer Manndeckung entwischt war. Danach ging alles blitzschnell: Heidergott nahm das Leder aus vollem Lauf an und jagte die Lederkugel zwei Sekunden vor Ultimo zum 28:27 (13:15)-Heimsieg in die gegnerischen Maschen.
Danach bildeten die Grün-Weißen eine begeisterte Traube und feierten die Rückkehr auf den Nichtabstiegsplatz. Und Rabea Neßlage, die einen Tag zuvor 26 Jahre alt geworden war, hatte ihr Wort gehalten: Sie wollte erst mit ihrem Team gewinnen und dann gleich doppelt feiern.
„Das ist die mentale Stärke, die sich meine Mannschaft in den vergangenen Monaten Stück für Stück erarbeitet hat“, sagte Werders Trainer Patrice Giron. Er stand nach dem Abpfiff immer noch unter dem Eindruck der dramatischen Partie – selten hatte er in dieser Saison von der ersten bis letzten Sekunde solch eine Achterbahnfahrt der Gefühle erlebt.
Der Aufsteiger hatte mit 1:4 denkbar schlecht in diese Begegnung gefunden, sich dann aber durch Jennifer Börsen wieder auf 10:10 herangekämpft. Nach dem 11:13 durch die starke Marilena Niemann (Giron: „Sie haut sich seit Wochen voll in die gegnerische Abwehr rein“) lagen die Bremerinnen zur Pause wieder mit zwei Toren zurück.
Der Nervenkrieg ging vor 350 Zuschauern auch nach dem Seitenwechsel weiter, denn der SV Werder drehte den Spieß durch Jennifer Börsen erneut zum 22:19. Aber schon beim 22:22 ging es wieder Spitz auf Knopf weiter. 45 Sekunden vor Schluss erkämpfte sich der SV Werder den Ball, etwas später gab Patrice Giron in der finalen Auszeit die letzten Instruktionen. Die reichten, um die „Wildkatzen“ aus Sachsen-Anhalt im letzten Augenblick zu zähmen.