Die Erleichterung war nicht nur bei den Zuschauern auf der Tribüne spürbar. Auch bei den Verantwortlichen des SV Union Halle-Neustadt fiel nach der Zweitliga-Partie gegen den TV Beyeröhde ordentlich Ballast ab. So musste Vizepräsident Thomas Wagner nach Erklingen der Schlusssirene erstmal kräftig durchpusten, bevor er sich mit Trainer Jörgen Gluver abklatschte.
Diese kollektiv befreite Stimmungslage, die am Samstagabend in der Erdgas-Sportarena vorherrschte, war nachvollziehbar. Immerhin hatten die Wildcats mit dem 31:28 Erfolg eine Serie von drei Niederlagen am Stück beendet. Aber das spielte bei der Erleichterung nur eine kleine Nebenrolle. Denn die Entstehung des Heimsieges hatte allen Anwesenden reichlich Nerven gekostet.
Dabei sprach lange Zeit eigentlich wenig für eine Nervenprobe. Die Wildcats waren im Duell mit dem Tabellennachbarn aus Wuppertal die in allen Belangen überlegene Mannschaft. Nicole Roth konnte das Torwart-Duell deutlich für sich entscheiden, fischte einige freie Würfe sehenswert weg. Die Abwehr bewegte sich gut und blockte immer wieder Würfe aus dem Rückraum ab. Und im Angriff fanden allen voran Stefanie Hummel (6 Tore) und Helena Mikkelsen (9) schnell ihren Wurfrhythmus. So wirkte es lange Zeit wie eine souveräne Angelegenheit für die Wildcats. „Ich hatte das Gefühl, wir führen mit zehn Toren“, meinte auch Eileen Uhlig.
Nur: Das Gefühl täuschte. Wirklich absetzen konnten sich die Wildcats nämlich nie. Und das lag nur bedingt an der starken Leistung der Beyeröhder Mandy Münch, die mit elf Toren treffsicherste Akteurin des Spiels war. Vielmehr standen sich die Wildcats oftmals selbst im Weg. Gerade Mitte der zweiten Hälfte reihten sich minutenlang fahrlässige Ballverluste und überhastete Würfe aneinander, wodurch die Gastgeberinnen einen Zwei-Tore-Vorsprung aus der Hand gaben und beim Stand von 27:28 auf dem besten Weg waren, sich selbst zu schlagen.
Eine Gefahr, die Uhlig schon im Vorfeld gewittert hatte: „Ich habe am Donnerstag in der Videoanalyse gesagt, dass wir uns eigentlich nicht mit dem Gegner beschäftigen müssen, denn am Ende schlagen wir uns immer nur selbst.“ Gefruchtet haben diese Worte aber nicht, wie die Kapitänin der Wildcats frustriert feststellen musste: „Wir machen einfach zu viele leichte Fehler.“ Und Uhlig wusste auch wieso: „Wir verwechseln zu oft Hektik mit Schnelligkeit.“
Dieser schmale Grat macht den Wildcats nicht zum ersten Mal in dieser Saison zu schaffen. Schnelligkeit ist für das Offensivspiel elementar, Tempogegenstoß und die „schnelle Mitte“ sind die zentralen Angriffswaffen der Mannschaft. Dadurch kommen die Wildcats zu vielen einfachen Toren. Allerdings besteht auch immer die Gefahr, dass die Mannschaft überdreht, wie gegen Beyeröhde mal wieder zu beobachten war. „Wir müssen auch mal das Tempo rausnehmen und uns richtig positionieren, dann passieren auch die Fehler nicht“, erklärt Eileen Uhlig.
Gluver verteidigt Strategie
Es geht also um das richtige Maß beim Tritt aufs Gaspedal. Für Trainer Gluver ist das aber keine Option: „Wir haben nicht die Größe in der Mannschaft um aus dem Positionsspiel erfolgreich zu sein. Wenn wir das Tempo runterfahren, machen wir keine Tore. Daher spielen wir diesen schnellen Handball.“ Gluver nimmt damit Fehler bewusst in Kauf, auch wenn diese den Zuschauern mitunter die Nerven rauben.
Zumindest am Samstag gab ihm der Erfolg am Ende auch Recht. Gerade noch rechtzeitig griff das schnelle Offensivspiel wieder, so dass die Wildcats mit einem 4:0 Lauf den Sieg perfekt machten. (mz)
Quelle:Mitteldeutsche Zeitung