Jörgen Gluver gönnte sich keine lange Auszeit. Während sich seine Spielerinnen noch von der am Samstagabend erlittenen 27:29-Auswärtsniederlage beim Tabellenzweiten Vulkan-Ladies Koblenz/Weibern erholten, war der Trainer des SV Union Halle Neustadt bereits wieder in Sachen Verein unterwegs. „Ich bin gerade auf dem Weg zu Gesprächen mit zwei potenziellen neuen Spielerinnen“, berichtete Gluver am Sonntagnachmittag per Telefon. Viele Details wollte der Däne über die möglichen Zugänge zwar nicht verraten, nur soviel: „Wir suchen Spielerinnen für die Positionen Linksaußen, Kreis und Rückraum“, aber deutlich wurde doch, dass sich die Verantwortlichen der Wildcats zum Handeln gezwungen fühlen.
Das verwundert nicht. Schließlich haben die halleschen Zweitligahandballerinen nach mittlerweile acht Ligaspielen nur drei Siege auf dem Konto und sind zudem in der ersten Runde des DHB-Pokals ausgeschieden – eine ernüchternde Zwischenbilanz. Denn trotz eines personellen Umbruchs im Sommer – sechs neue Spielerinnen kamen – hatten sich Verantwortliche und Spielerinnen vor Saisonbeginn unisono den Aufstieg in die erste Liga und das Erreichen des Pokalviertelfinales auf die Fahne geschrieben. „Man muss sich Ziele setzen, auch wenn man diese manchmal nicht erreicht“, verteidigt Eileen Uhlig die ambitionierte Zielsetzung. Mit 26 Jahren ist die Rückraumspielerin die älteste Spielerin einer äußerst jungen Mannschaft. Ganz bewusst hatte Gluver im Sommer junge Spielerinnen geholt und erfahrene Spielerinnen wie Patrycja Mikszto oder Dagmara Stuparicova aussortiert.
Das Ziel war die Zusammenstellung einer Mannschaft mit großem Potenzial, die viele Jahre in der höchsten Liga spielen kann. „Wenn wir die nächsten drei Jahre zusammenbleiben, können wir eine richtig gute Mannschaft werden“, ist Uhlig vom Konzept überzeugt. Im Hier und Jetzt macht den Wildcats die mangelnde Routine aber immer wieder zu schaffen. So auch im Spiel gegen Koblenz/Weibern. Bis zum Ende war die Partie offen, aber in der Schlussphase leisteten sich die Wildcats zu viele Fehlwürfe und technische Schwächen. „Wir haben insgesamt ein sehr gutes Spiel gemacht, aber am Ende fehlte die Erfahrung“, gab Gluver nicht zum ersten Mal in dieser Saison zu Protokoll. War das Saisonziel Aufstieg in Anbetracht der Unerfahrenheit der Mannschaft also zu ambitioniert? „Das kann sein, aber generell ist es gut, Ambitionen zu haben“, kam Gluver zu einer ähnlichen Einschätzung wie Uhlig.
Reichlich Erfahrung aus der dänischen Eliteliga und Champions-League hatte sich Gluver eigentlich von den im Sommer verpflichteten Däninnen Helena Mikkelsen, Sarah Andreassen und Signe Hald erhofft. Vom Däninnen-Trio steht aber nur Rückraumschützin Mikkelsen auf dem Parkett. Andreassen, die als erste Option für die Linksaußenposition eingeplant war, riss sich noch vor Saisonstart das Kreuzband. Kreisläuferin Hald machte das Heimweh zu schaffen. Sie löste in der vergangenen Woche ihren Vertrag auf und kehrte nach Dänemark zurück. Es ist also nicht nur der ernüchternde Saisonstart, der Gluver zur Suche nach neuen Spielerinnen bewog. Aber auch wenn diese Suche Erfolg hat, dürfte das Ziel Aufstieg in dieser Saison nicht mehr zu schaffen sein. Das hat auch Gluver erkannt: „Die Mannschaft braucht Zeit, um sich zu entwickeln, ein Platz unter den ersten Fünf ist aber noch möglich.“ Mit dem Aufstieg soll es dann im nächsten Jahr klappen.
Gluver weiß, dass die realistische Aussicht auf die erste Liga für Leistungsträgerinnen wie die Hummels-Schwestern oder Mikkelsen wichtig ist – mit dieser Perspektive haben sie ihre Verträge bei den Wildcats verlängert beziehungsweise unterschrieben.
Aus den Ambitionen sollte daher möglichst bald Wirklichkeit werden.